Die Idee
Man nehme das Leben eines einzelnen Menschen und spiegele darin eine ganze Generation.
Die Geschichte des Ingenieurs Kurt Schultz aus Neubrandenburg könnte exemplarisch für die Vorkriegsgeneration stehen. Nach seinem Tod hat seine Enkeltochter seine tagebuchartigen Aufzeichnungen entdeckt und festgestellt, wie wenig sie eigentlich von ihrem Großvater wusste. Mutter an Hunger gestorben, im zweiten Weltkrieg eingezogen, Familie mit zwei Kindern in Neubrandenburg, 1951 Flucht, gescheitert, dann zwei Jahre Arbeitslager, 1953 zweiter Fluchtversuch mit Ankunftsort Hamburg, dort ins Auffanglager, Behelfsheim im Kleingartenverein, 1957 Anstellung bei Blohm&Voß bis zur Rente, unerschöpfliche Segelleidenschaft, vier Kinder, Ehefrau in den 70er Jahren gestorben, bis zu seinem Tod 2009 im Kleingartenverein gewohnt.
Diese Eckdaten, zwischen den Zeilen betrachtet, könnten für eine ganze Generation stehen. Ein Leben mit viel Entbehrungen und der daraus entstandenen Sehnsucht nach Beständigkeit. Ein Leben steht für viele Leben? Kein Politiker, kein Star, ein Mensch wie Du und ich. Statt auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt einen Tee mit Kurt Schultz?
Denn was bedeutet es für uns, wenn die Helmut-Schmidt-Generation ausstirbt? Ein Jahrhundert Geschichte und seine Zeitzeugen segnen das Zeitliche und lassen Fragmente ihrer Vergangenheit zurück. Eine Zeit mit zwei Weltkriegen, Hungersnöten, Vertreibung, Flucht, wenig persönlichem Bildmaterial und Aufzeichnungen, Aufbau Ost und West und Wirtschaftswunder.
Wir stellen uns die Frage, wie weit wir anhand einer Person und ihrem geistigen Erbe auf fast 100 Jahre Geschichte blicken können. Was erkennen wir in uns wieder, was scheint erklärt, was verschwommen, welche Fragen bleiben offen, warum wissen wir so wenig von dieser Generation? Wir begeben uns auf Spurensuche nach unseren Wurzeln.